Gottesdienst zum 5.02.2023
Ev. Gemeinde Unterbarmen Süd
Eröffnung (Presbyter/in:)
Gott ist es, der uns jeden Tag neu all das schenkt, was wir zum Leben brauchen. Das tut er aus seiner Barmherzigkeit heraus. Dafür danken wir ihm und feiern so diesen Gottesdienst im Namen Gottes: im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Unser Anfang und unsere Hilfe stehen im Namen des Herrn, …“
Gemeinde: "… der Himmel und Erde gemacht hat …"
Presbyter/in:„… der Bund und Treue hält ewiglich …“ Gemeinde: "… und nicht loslässt das Werk seiner Hände."
Ihnen allen, einen wunderschönen guten Morgen gerade auch in dieser doch irgendwie etwas trüben und nebeligen Zeit. Gott will uns aber auch in diesen Zeiten Licht und Perspektiven schenken. Und um solche Perspektiven soll es nachher auch in der anschließenden Gemeindeversammlung gehen. Wir wollen mit Ihnen darüber ins Gespräch kommen, wie wir die kommenden Herausforderungen angehen können. Was können oder sollen wir tun, um die uns anvertrauten Menschen zu erreichen.
Bei all dem wird uns aber bewusst bleiben, dass Kirche und Gemeinde kein Menschenwerk ist, sondern dass wir als Kirche auf das Wort und das Wirken Gottes angewiesen bleiben. Das wusste auch schon der Prophet Daniel, der in einem Gebet spricht:
Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit,
sondern auf deine große Barmherzigkeit. Daniel 9,18
Und mit diesem Wort im Ohr wünsche ich uns einen gesegneten Gottesdienst und ein gutes Zusammensein. Als erstes Lied singen wir nun das
Psalm 31 nach Eugen Eckert Von Deiner Güte singe ich und weiß, Du, Gott, behütest mich, wirst mir zum Rückhalt, schenkst mir Kraft, wo Angst mich drückt, wo Last mich schafft. Ich stelle mich gern stärker hin, als ich in Wahrheit wirklich bin.
Doch kennst Du mich, weißt, wie mein Schneid in Krisen schmilzt, versinkt im Leid. Ich will nicht angewiesen sein und bin es doch, das seh ich ein. Wenn Dunkelheit mich überfällt, brauch ich Dein Licht, das mich erhellt. Und wenn mir Menschen Böses tun, vertraue ich, Du wirst nicht ruh’n. Dein Netz ist auch für mich gespannt, ich falle nicht aus Deiner Hand. Ich lobe Dich von Herzensgrund, Dir singt die Seele, singt mein Mund. Beflügelt geh ich in den Tag, mit allem, was er bringen mag.
Amen
Chor Holy ist the lord
Lesung Pred 7,15-18
(Dazu wird es im Gottesdienst eine eher interaktive Predigt geben.
Hier darum eine Predigt zum selben Text älteren Datums. M.Seim)
Liebe Gemeinde!
Jesus macht einen Unterschied.
Er unterscheidet zwischen den Starken und den Kranken. Er unterscheidet zwischen den Sündern und den Gerechten, und er hält sich zu den Sündern und den Kranken und sucht die Gemeinschaft gerade mit ihnen.
Und zu wem halten wir uns? Wessen Gemeinschaft suchen wir? Wie stehen wir zu den Ausgegrenzten damals und heute? Oder wie stehen wir zu den Opfern des Nationalsozialismus? Zu Juden, Kommunisten, Sinti und Roma, zu Homosexuellen? Wessen Gemeinschaft suchen wir?
Als ich etwa acht neun Jahre alt war, hat mich meine Mutter einmal gewaltig überrascht.
Hinter unserem Haus war ein kleiner Garten. Zur Straße hin stand ein Haselnussstrauch, beziehungsweise eher schon ein Haselnussbaum. Hier kletterten wir gern herum, mein Bruder und ich. Wir pflückten Nüsse und genossen das Zusammensein mit unseren Freunden. Wer erinnert nicht gern solcher glücklichen Zeiten?!
Eines Tages spielte und kletterte ich hier mit einem Jungen, den ich nur von Ferne kannte. Er ging nicht in meine Klasse – aber auf dem Schulhof, da hatten wir uns schon gesehen. Und wir unterhielten uns – für unser Alter richtig tief und ernst – über das Leben und auch über Mozart, wie ich mich meine erinnern zu können.
Es wurde dunkel und mein neuer Bekannter ging – und ich stand auf einmal vor verschlossener Tür. Durch den Fahrradkeller gingen wir meist nach draußen in diesen Hintergarten, und schlossen dann auch die Tür auch nicht ab. Wir waren ja in der Nähe. Aber jetzt war die Tür zu, und ich kam nicht rein. Meine Mutter hatte aus Sorge abgeschlossen. Ich war vollkommen überrascht. Meine Mutter hatte uns draußen spielen sehen und kannte meinen neuen Bekannten, sie wusste wohl etwas mehr von ihm. Und sie sagte in etwa auch:
‚Ich möchte nicht, dass Du ihn mit nach Hause bringst. Denn dem kann man nicht trauen!’ Und ich war mit meinen acht neun Jahren bass erstaunt. – Ich hatte mit ihm doch über meinen heißgeliebten Mozart geredet. – Irgendwie waren wir beide in unseren Gedanken dabei kleinbürgerlich – nur ich wusste es damals noch nicht.
Also: Wessen Gemeinschaft suchen wir?
Meist fühlen wir uns wohl unter Unseresgleichen. Fremde bleiben uns doch immer eher fremd. Die Welt eines Investmentbankers, der in Sekunden Millionen oder Milliarden verschiebt, sie ist und fremd. Die Welt unserer ausländischen Mitbürger – Nachbarn vielleicht –, sie ist uns fremd. Die Welt eines drogensüchtigen – auch eines Dealers -, die Welt einer Nutte oder ihres Zuhälters, sie ist uns fremd.
Wir halten uns lieber zu unseresgleichen. Und manchmal macht uns das Fremde ja sogar auch Angst. So ist das heute – so war das damals. Damals zur Zeit des Nationalsozialismus konnte das tödlich sein. Damals zur Zeit Jesus konnte sein Verhalten verwunderlich sein.
Denn eins macht Jesus mit seinem Verhalten doch deutlich: Er hält sich gerade nicht zu seinesgleichen, nicht zu seiner Familie, die er ja einmal richtiggehend ins Leere laufen lässt, und nicht zu den Pharisäern, die ihn fragen und Interesse an seiner Lehre haben, die ihn suchen und verstehen wollen und die wie er Gottes Wort verstehen und nach ihm leben wollen. Gerade zu ihnen hält Jesus sich nicht, sondern sitzt mit Zöllnern und Sündern an einem Tisch. Zöllner, das waren damals die, die mit der Besatzungsmacht der Römer, also mit Heiden, - die mit denen Geschäfte machten. Aber nicht nur das. Für ihre Geschäfte zogen sie auch die jüdischen Schwestern und Brüder über den Tisch und nahmen sie aus. Mit solchen Gestalten wollte man als aufrechter Israeli aber doch lieber keinen Umgang haben. Mit denen wollte man doch lieber keine gemeinsame Sache machen – und besonders nicht, wenn man nach Gottes Wort leben wollte.
Sünder, das war auch damals ein weiter Begriff. Deutlich ist jedenfalls: Gerade die scheinen auf Gottes Wort nicht zu achten. Es schien sie nicht zu interessieren. Vielleicht ließen sie es einfach links liegen, vielleicht aber verhöhnten sie es auch. Jedenfalls glaubten sie nicht an die Kraft, die in Gottes Wort und in Gott selber steckt – und die auch wir immer wieder spüren und empfinden.
Im Gegenteil dazu sehen wir nun die Pharisäer oder Rabbinen, die das Wort Gottes ernst nehmen und nach ihm leben wollten – genau wie wir. Vieles von dem, was Jesus in der Bergpredigt gesagt und gelehrt hatte, dem stimmten sie zu. Wie Jesus – wir können eigentlich auch sagen – mit Jesus wollten sie gottgefällig leben, auf Gottes Wort hören und es auch tun, - und darum versuchten sie besonders fromm und treu zu Gott zu leben. Den gesamten Alltag versuchten sie nach Gottes Wort zu regeln. Und dabei ging es nicht allein um die tägliche Bibellese und um das Gebet, es ging auch nicht allein um die zehn Gebote, sondern genauso um die Regeln von rein und unrein. Es ging darum, was man essen durfte und was lieber nicht essen sollte. Es ging darum, wie und wann man sich rein halten, also reinigen, die Hände waschen, Hygiene einhalten sollte. Oder es ging auch um dieses Gebot: Du sollst nicht unrecht handeln im Gericht
mit der Elle, mit Gewicht, mit Maß. 3. Mose 19,35 - und da ist für mich nicht nur die Frage, wie das damals mit den Zöllnern, sondern auch wie das heute mit vielen Geschäften und Verkäufen in der globalisierten Welt zu tun ist. Zieht hier nicht regelmäßig der eine den anderen über den Tisch – und sind nicht gerade auch immer wieder namhafte deutsche Firmen dabei?!
Vor allem aber und ganz oben auf der Liste all dieser Gebote und Regeln und jeden Tag aus vollem Herzen gebetet und gesprochen stand:
Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein!
Und Du sollst lieben den HERRN, Deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit Deinem ganzen Vermögen. 5. Mose 6,5f Das höchste und wichtigste Gebot, wie auch Jesus es sagt.
Und so hielten sich die Pharisäer zu ihresgleichen – wie wir. Sie mieden den Umgang mit den Fremden, mit Römern und Heiden, wie den Umgang mit Zöllnern und Sündern – wie wir. Und sie versuchten mit ihren Nachbarn und Arbeitskollegen ins Gespräch zu kommen, und sie dazu zu bewegen, genauso gottgefällig zu leben – wie ja auch wir.
Und so waren sie auch geradezu spannend interessiert an dem, was einer ihresgleichen, nämlich was Jesus tat und lehrt. Sie wollten von ihm durchaus auch lernen und fragten ihn und seine Schüler nach seinen Beweggründen für seinen Glauben und für sein Leben. Sie fragten und kamen mit ihm wie mit ihresgleichen ins Gespräch – ganz ähnliche Gespräche wie hier im Neuen Testament finden wir so auch in Talmud und Midrash, in den jüdischen Auslegungen oder auch in chassidischen Geschichten des Ostjudentums.
Doch lange Zeit ist uns in Kirchen und Gemeinden ein anderes Bild der Pharisäer und Rabbinen vermittelt worden. Aus denen, die interessiert und engagiert fragten, wurden die gemacht, die Jesus hinterfragten, ja die ihn versuchten und auf die Probe stellten. Und aus aufrichtig glaubenden Rabbinen wurde so das Bild falscher hinterlistiger Pharisäer, die Jesus nur an den Kragen wollten. So waren sie nicht mehr seinesgleichen und schon längst nicht mehr unseresgleichen –,
und diese Bild wiederum prägte dann auch das Bild des Juden in unserem Land – lange schon bevor der Nationalsozialismus die Herrschaft übernahm. Es ist das Bild des raffgierigen Juden, der sich eigentlich im Zöllner Matthäus wiederfinden müsste, der doch ganz und gar nicht seinesgleichen war. Und es wurde ein Bild, das millionenfach für Leid und Elend und Tod gesorgt hat, mit vielen anderen Opfern des nationalsozialistischen Regimes vergangener Zeiten.
Jesus aber macht den Unterschied – und würde sicher auch uns befremden: wenn er sich auf die Seite der Opfer einerseits setzt, ihnen hilft und beisteht, sie zu sich einlädt: die Juden und Kommunisten, die Sinti und Roma, die Homosexuellen – und er würde sicher auch uns befremden, wenn er sich vielleicht auch gerade die Täter nicht scheut, sondern auch sie einlädt und sie dadurch verändert. Wahrscheinlich müssen wir gerade heute auch das denken und annehmen, dass Jesus Christus auch gerade sie für sich annimmt und sie dazu einlädt, aufzustehen und sich zu bewegen, sie einlädt, umzukehren und mit ihm zu leben.
Jesus macht den Unterschied. Er unterscheidet zwischen Gesunden und Kranken. Er unterscheidet zwischen Gerechten und Sündern. Und darum weiß er, wer gerade besonders der Barmherzigkeit und der Liebe Gottes bedarf.
Darum:
Geht aber hin und lernt, was das heißt:
Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit, und nicht am Opfer. Hos 6,6 Zu wem also halten wir – und wen oder was opfern wir?
Musikmeditation
Allmächtiger, barmherziger Gott, wir kommen zu Dir mit unserem Gebet und vertrauen auf Deine Gerechtigkeit und Deine große Barmherzigkeit. Darum bitten wir Dich heute für alle Opfer weltweit: Sorge Du dafür, dass Ihnen nach traumatischen Erfahrungen Recht widerfährt! Hilf Du dazu, dass Ihre Leiden gesehen, anerkannt und voller Erbarmen getragen werden!
Herr, Jesus Christus,
Du machst den Unterschied.
Manches an Deinem Verhalten irritiert vielleicht heute auch uns.
Darum bitten wir Dich gerade auch für uns als Christen in Deinen Gemeinden überall in der Welt: Überwinde Du unser Unverständnis und befrei uns von allzu starren Vorstellungen!
Sei Du barmherzig auch mit uns! Heiliger Geist, der Du ein Geist des Friedens und der Gerechtigkeit bist, der Du über Menschen und Völker der Welt herrschst und regierst.
Gerade darum bitten wir Dich alle Völker und Menschen: Bringe Du ihnen Frieden und schaffe Gerechtigkeit, gerade den Menschen in der Ukraine, aber auch den Menschen im Nahen und Mittleren Osten, auch den unterschiedlichsten Völkern in Afrika!
Hilf Du, dass die Stimmen des Friedens letztendlich siegen!
Gott, Du weißt, um die Menschen um die wir uns sorgen,
Menschen, die allein leben, oder die mit anderen zerstritten sind,
Menschen, die erkrankt sind, oder unter dem Verlust eines anderen leiden.
Für diese Menschen bitten wir Dich:
Stell Ihnen Menschen zur Seite, die sie stützen und tragen, und stärke sie durch die Kraft Deines Segens!
Segen (nach Lothar Zenetti)
Gott segne Deine Tage mit Farben,
Deine Nächte mit Sternen, Deine Wege mit Bäumen, Dein Leben mit Träumen!
Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Gmd: Amen, Amen, Amen
Chor Herr, Deine Welt
Nachspiel
Bekanntmachungen
Die Kollekten vom vergangenen Sonntag betrugen:
Herzlichen Dank! Gott segne Geber und Gaben und all das, was mit diesen Gaben geschieht!
Die heutige Kollekte geht an die Kinder und Jugendarbeit der Gemeinde. Kinder und Jugendliche sind diejenigen, die zukünftig die Basis der Gemeinde sein werden.
Die Hilfsorganisation La Cimade, die von Christen und Christinnen gegründet wurde, unterstützt Familien im Senegal und den Komoren bei der Suche nach ihren auf der Flucht vermissten Angehörigen.
Und hier nun einige demnächst anstehende Termine.
Am Donnerstag, dem 9. Februar um 20 Uhr trifft sich die Selbsthilfegruppe für verwaiste und trauernde Eltern in der Lichtenplatzer Kapelle.
Der nächste Spiel- und Klönabend in Str. Christophorus findet am gleichen
Tag, Donnerstag, 9. Februar um 19.30 Uhr wieder statt,
Das nächste Taizé-Gebet ist am Freitag, dem 17. Februar um 20 Uhr in St. Christophorus.
Und nun herzliche Einladung zum Jugendgottesdienst heute Abend um 18 Uhr zum Thema der Jahreslosung: Du bist ein Gott der mich sieht … und dann auch zu den Gottesdiensten am kommenden Sonntag, dem 12. Februar um 9.30 Uhr in der Lichtenplatzer Kapelle und um 11 Uhr im Gemeindezentrum Petruskirche, zum Thema des diesjährigen Kirchentages in Nürnberg: Jetzt ist die Zeit. Beide Gottesdienste mir Pfarrer Seim.
Am Sonntag, dem 19. Februar feiern wir um 11.00 Uhr in der Lichtenplatzer Kapelle einen Familien-Gottesdienst zum Karnevalssonntag mit anschließender Feier. Verkleidung ist ausdrücklich erwünscht. An diesem Sonntag wird es im Gemeindezentrum Petruskirche keinen Gottesdienst geben.
Vor allem aber
Bleiben Sie behütet! Ihr Pfr. Michael Seim